Unsere Jahresfahrt vom 27. – 31. Mai 2024
Nach Berlin (2022) und Prag (2023) ging es diesmal in eine der ältesten Hauptstädte der Welt - Kopenhagen ! Im Zentrum residiert eine 1000 Jahre alte Monarchie und „drum herum“ ist eine Zukunftsstadt entstanden, die sich immer weiter entwickelt. Hier befindet sich das Politik-, Kultur-, Wirtschafts- und Bildungszentrum Dänemarks. Beste Voraussetzungen also, um unserem Leitsatz „Demokratie gestalten und erhalten“ Inhalt zu geben.
Zuvor haben wir aber einen Abstecher nach Lübeck gemacht.
Bekanntlich hat die 220 000 Einwohner zählende Stadt mit Willy Brandt, Günther Grass und Thomas Mann ein „dichtes Nobelpreisträgeraufkommen“. Wir haben uns etwas intensiver auf einem literarischen Spaziergang mit Thomas Mann beschäftigt. Nicht ohne Grund: Es ist genau 100 Jahre her, dass der - bis heute als wichtigster Roman deutscher Sprache bezeichnete – „Zauberberg“ veröffentlicht wurde. Und Lübeck feiert dieses Jubiläum !!! Unseren beiden Stadtführerinnen ist es gelungen, uns die Geschichte der Familie Mann überzeugend näher zu bringen. Der „Verfall einer Lübecker Kaufmannsfamilie“ ist ja jedem von uns geläufig. Aber die Geschichte der Manns unmittelbar an den historischen Stätten zu „erleben“ hat etwas Besonderes ! So machten die teils nur dezenten Anmerkungen den „Gang durch die Gemeinde“ sehr kurzweilig. Beispiele: Das Buddenbrookhaus von 1758 (Herrschaft siedelt auf der Höh`) ! Direkt vor dem Gymnasium Katharineum zu stehen und sich über die schulischen Leistungen (mit viel Luft nach oben) von Heinrich und Thomas berichten zu lassen, begleitete man mit Schmunzeln und suchte nach Parallelen in der heutigen Zeit. (Nebenbei: Thomas Mann war der Herausgeber der ersten deutschen Schülerzeitung „Frühlingssturm“) Der Hinweis, dass im Audienzsaal des Rathauses bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Thomas Mann das „Lübecker Frühstück“ (Marzipan und Rotwein) gereicht wurde, motivierte einige von uns zum Spontaneinkauf beim nächsten Marzipan-Bäcker ! Der Auftakt unserer Reise bekam das Prädikat „Gelungen“ .
Gegen 14 Uhr haben wir Lübeck dann Richtung Dänemark verlassen und erreichten gegen 18.30 Uhr unser Domizil „Copenhagen Island Hotel“.
Dass wir ein paar spannende Tage miteinander verbringen konnten, hatte auch etwas mit unserem exzellenten Reiseführer Dirk zu tun. Ein freundlicher und in seiner Art liebenswürdiger Mensch ! Wenn ich mich recht erinnere…. hatte er 1990/91 in Kopenhagen studiert, war von Haus aus Belgier und verfügte über ein profundes Fachwissen. Wir profitierten von seinen detaillierten Ausführungen zur Entwicklungsgeschichte Kopenhagens. Seine persönlichen Erlebnisse im Freundes- und Bekanntenkreis (speziell Gustav und Lone) vermittelten uns einen interessanten Einblick in die dänische Mentalität.
Uns bot sich am zweiten Tag ein Kaleidoskop an Sehenswürdigkeiten und Informationen, die hier nur ansatzweise angesprochen werden können:
Kopenhagen hat den Ehrgeiz, erste „CO 2“-neutrale Hauptstadt der Welt zu werden. So werden Radfahrer und Fußgänger seit etlichen Jahren bei der Verkehrsinfrastruktur systematisch bevorteilt. Die Dominanz der Fahrräder war nicht zu übersehen – Vorsicht war dringend geboten.
Copenhill ist eine Müllverbrennungsanlage, in der 70 Tonnen Müll pro Stunde verbrannt und somit ca. 60 000 Haushalte mit Strom und weitere 120 000 mit Fernwärme versorgt werden können. Der Clou: auf der Anlage ist eine Skipiste mit Kunststoffrasen installiert. (Olympiasieger aus Dänemark im alpinen Skisport sind allerdings bisher nicht bekannt)
Wir haben das beindruckende Gebäude der Oper (250 Mio. € - Maersk sei Dank) mit dem überdimensionierten Flachdach und das gegenüberliegende kantige Schauspielhaus in Augenschein genommen, lernten öffentliche, saubere Toiletten – mit goldenen Wasserhähnen – kennen, erfuhren, dass Autos sehr teuer sind und die Kennzeichen der Privatfahrzeuge eine rote Umrandung haben. Wir wissen jetzt, dass in Dänemark bis „69“ gearbeitet wird. Den heutigen Jugendlichen wird bereits prophezeit, dass das „normale“ Renteneintrittsalter wohl erst bei „73“ !! liegen wird. Das Handwerk findet hohe Anerkennung in der Gesellschaft ! Und um kreative Wortschöpfungen sind die Dänen auch nicht verlegen: Wenn um 16 Uhr die Kitas schließen und Mama und/oder Papa die Kleinen abholen, fängt „das Geheule“ an, die Dänen sprechen dann vom Beginn der „Wolfsstunde“ J Selbstredend haben wir auch die Kleine Meerjungfrau besucht. Mit Ihrem Gewicht von 175 kg und nur 125 cm Körpergröße macht sie einen erstaunlich grazilen Eindruck !!! Sogar das äußerst beliebte dänische Nationalgericht „Stegt fläsk“ wurde uns abends im Nyhavns Färgekro präsentiert. Dem Vernehmen nach sehnten sich allerdings 90 % unserer Reisegruppe plötzlich nach Würstchen mit Kartoffelsalat.
Am nächsten Tag ging`s dann über die Öresund-Brücke nach Malmö. Bevor wir aber dieses 1 Mrd. € teure und 16 km lange Bauwerk überquerten, machten wir noch einen kurzen Stopp auf dem Amager Strandpark, der als künstliche Insel (die Dänen haben ja sonst keine J) für Freizeit- und Erholung angelegt wurde. Aufnahmekapazität: 40 000 Besucher !
Malmö hat ca. 300 000 Einwohner und ist die drittgrößte Stadt Schwedens. Nach einer Stadtrundfahrt besichtigten wir Malmöhus, das älteste noch erhaltene Renaissance-Schloß Skandinaviens; die ersten Teile dieser Burganlage stammen aus der Zeit um 1530. Heute ist dort u.a. das städtische Museum untergebracht. Vor dem Eingangstor wurde als Mahnmal einer der weißen Transportbusse platziert, die kurz vor dem Ende des 2. Weltkriegs im Auftrag des schwedischen und dänischen „Roten Kreuzes“ tausende Häftlinge aus dem Frauen-KZ in Ravensbrück nach Schweden brachten.
Auf dem Rückweg machten wir noch einen kurzen Halt am „Turning Torso“, einem spektakulären, 190 m hohen Bauwerk des spanischen Architekten Calatrava. Es hat 54 Etagen und gilt als das viertgrößte Wohngebäude Europas.
Sehr kurzweilig wurde die Rückfahrt über Helsingör und die Prachtstraße „Strandvej“ entlang der Küste mit ihren Villen und prominenten Bewohnern. So erinnerte unser Reiseführer Dirk an Karen Blixen, Niels Bohr, die Gebrüder Laudrup, Sören Kierkegaard usw.
Der nächste Tag begann wieder politisch. Andrea Berdesinski, die Gesandte der Deutschen Botschaft informierte uns während des gemeinsamen Frühstücks, kompetent und sympathisch, zunächst über das politische System Dänemarks. Die stringente Migrationspolitik und die nachdrückliche Unterstützung der Ukraine waren ebenso Thema, wie der „Nahost-Konflikt“ oder auch die „Grönland-Frage“. Ergebnis: 2 Stunden politische Diskussion mit Mehrwert. Politisch ging`s dann auch nachmittags weiter. Das Schloss Christiansborg ist das Zentrum der dänischen Demokratie. Hier befindet sich das Folketing, in dem 179 Abgeordnete Gesetze beraten und beschließen. Für kurze Zeit haben wir „live“ parlamentarische Luft geschnuppert. Der Folketingssaal war schwach besetzt, um es mal freundlich auszudrücken. Gleichwohl haben wir während der wirklich interessanten Führung durch das Gebäude die originalen Grundgesetzfassungen der Jahre 1849 bis 1953 bestaunen können.
Eine herrliche Kanalfahrt mit anschließender „Scholle“ beim gemeinsamen Abendessen rundete den Tag ab.
Bevor wir dann am Freitag die Rückreise antraten waren wir noch zu Gast bei Harro Hallmann, dem Leiter des Sekretariats der Deutschen Minderheit in Kopenhagen. Er beschrieb in einem interessanten Vortrag die Historie von der Geburtsstunde der Deutschen Minderheit im Jahre 1920 bis heute. Die rechtliche Absicherung erfolgte 1955 mit den Bonner-Kopenhagener Erklärungen. Es schloss sich eine rege Diskussion über die Bildungspolitik in Nordschleswig an.
Heute kann man festhalten: im Grenzgebiet herrscht ein Klima der Toleranz und der Akzeptanz auf allen Ebenen des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Daraus folgt: es gibt ein gutes nachbarschaftliches Miteinander von Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung. So etwas nimmt man doch gerne zur Kenntnis.
So konnte unser Vorsitzender Bernd Busemann am Ende der Reise im Bus zufrieden eine positive Rückschau auf die Woche in Skandinavien ziehen.
Bleibt noch festzuhalten: Das Miteinander in der Gruppe hat prima funktioniert, und ein besonderes Kompliment gilt Sabine Sonntag: die Mühen und der zeitliche Aufwand haben sich gelohnt! Ihr gebührt unser aller Dank dafür ! Und auch mit der Fa. Höffmann sind wir wieder gut gefahren, denn Andre Nobis hat uns als Busfahrer immer sicher von A nach B gebracht.
Bericht von Vizepräsident a.D. und Beisitzer Hans-Werner Schwarz
Bilder von Sabine Sonntag